Praxisinterview Hof am Sylvert

Veröffentlicht am 10/10/2024
Der Hof am Sylvert in Witsum auf der Nordseeinsel Föhr ist ein international renommierter Zuchtbetrieb für Rinder und Holsteiner Pferde. Die Zuchtkühe und -bullen des Betriebs finden sich immer wieder auf den Toplisten der deutschen HF-Züchter. 2018 war der Bulle ylvert mit rund 30.000 Besamungen der meisteingesetzte in Deutschland. Entsprechend hoch ist das genetische Leistungsniveau der Milchviehherde. Betriebsleiter Arne Rörden erläuterte der SI-Redaktion die Besonderheiten der Insellage und wichtige Maßnahmen, um das Potenzial der Herde auszuschöpfen.

Auf Leistung und Tierwohl bedacht

Herr Rörden, welche besonderen Rahmenbedingungen gibt die Insellage vor?

Durch den Inselstandort sind die Betriebe oft auf sich alleine gestellt. Bei allem, was wir vom Festland beziehen, sind wir abhängig von der Fähre und deren Zeiten. Hinzu kommt der beträchtliche finanzielle Aufwand. Eine Fährüberfahrt kostet 30 Euro pro Tonne für Betriebsmittel wie Dünger und Futter. Für Maschinen fallen noch Extrakosten an. Darum sind eine gute Eigenmechanisierung und eine genaue Vorausplanung aller Betriebsmittel zwingend erforderlich. Spontane Entscheidungen, unter anderem auch im Hinblick auf Pflanzenschutzmittel, sind praktisch nicht möglich. Eine weitere Herausforderung stellt die Fruchtfolgegestaltung dar. Probleme bereiten zum einen die Gänse und zum anderen der fehlende Landhandel als Abnehmer von Feldfrüchten. Die Gänse fressen einen Großteil des Getreides, bevorzugt Sommergerste, Wintergerste und Winterweizen. Am besten wachsen noch Roggen und Winterhafer bis zur Ernte. Der letzte Landhandel hat vergangenes Jahr seinen Inselstützpunkt geschlossen. Zuletzt wurden hier noch rund 2.000 Tonnen Getreide abgeliefert von ursprünglich 4.000 Tonnen, bevor die Gänseschäden immer gravierender wurden. Durch die Schließung des Landhandels gibt es auf Föhr auch keine Trocknungsanlage mehr, sodass wir jetzt gezwungen sind, das Getreide trocken zu ernten.

Wie sind die klimatischen Verhältnisse auf Föhr?

Im Vergleich zu unseren Kollegen auf dem Festland haben wir mehr Wind, was eine höhere Standfestigkeit der Sorten verlangt. Vorteile haben wir hingegen durch die milderen Winter und die ausgeglicheneren Temperaturen im Sommer. Der begrenzende Faktor ist bei uns die Befahrbarkeit, sodass wir den Mais frühestens Ende April aussähen können. Dieses Jahr allerdings konnten wir den Mais aufgrund der vielen nassen Stellen auf den Äckern erst Mitte Mai in den Boden bringen. Auch im Herbst macht uns die Nässe zu schaffen. Darum sollte der Silomais spätestens Anfang Oktober geerntet sein, damit das Wintergetreide bis Mitte Oktober gedrillt werden kann. Vergangenes Jahr war das nicht möglich. Wir haben diese Flächen im Frühjahr je zur Hälfte mit Mais und Sommergerste bestellt.

Sie führen zusammen mit Ihrem Vater Olaf die Hof am Sylvert-Rörden GbR. Was ist Ihr Fokus?

Ich kümmere mich auf unserem 200 Hektar großen Betrieb schwerpunktmäßig um die rund 130 Milchkühe samt Nachzucht sowie den Futterbau. Durch unser züchterisches Engagement ist es uns im Laufe der Jahre gelungen, das genetische Niveau der Herde kontinuierlich zu verbessern. Dabei haben wir nicht allein die Milchleistung im Blick, sondern ebenso die Gesundheit der Tiere. Mit dem Neubau des Milchviehstalls im vergangenen Jahr sind wir auch hier noch einen Schritt weitergekommen.

Worauf legen Sie in der Milchviehhaltung besonderen Wert?

Mit einer Durchschnittsleistung von 10.500 kg Milch pro Kuh und Jahr verfügen wir über eine sehr leistungsbereite Herde. Wichtiger als die absolute Leistung ist für uns jedoch das Durchhaltevermögen der Tiere in der Laktation. Unsere besten Kuhfamilien geben nach 200 Tagen immer noch 50 Liter Milch am Tag. Dadurch können wir später besamen und verzeichnen hohe Zwischenkalbezeiten von 450 Tagen, was sich auf die Lebenszeit und -leistung vorteilhaft auswirkt.

Was hat sich mit dem neuen Stall verändert?

Eine ganze Menge! Der neue Offenstall bietet den Kühen unter anderem deutlich größere Liegebuchten und breitere Laufgänge. Für mehr Wohlbefinden sorgt zudem der Einsatz von Komfortmatratzen sowie weichen, flexiblen Nackenbügeln und Seitenbegrenzungen. Mit dem neuen Stall haben wir außerdem auf Melkroboter umgestellt.

Wie haben die Kühe die neue Umgebung und Melktechnik angenommen?

Schneller als erwartet. Die Eingewöhnung an den Melkroboter dauerte etwa zwei Wochen und verlief vollkommen problemlos. Im Schnitt werden die Kühe nun 3,1-mal am Tag gemolken. Außerdem beobachten wir, dass sich die Liegezeiten merklich erhöht haben. Insgesamt wirkt die Herde ruhiger und vitaler. So gehen wir davon aus, dass die verbesserte Stallumgebung einen positiven Effekt auf die Gesundheit der Tiere hat.

Wo werden die Kälber und Jungtiere gehalten?

Für die Kälber haben wir 2018 einen Tierwohl-Kälberstall neu gebaut. Dort verbringen die Kälber die ersten beiden Lebenswochen in Iglus. Danach stehen sie in Gruppen-Boxen auf Stroh und ab dem sechsten Monat halb auf Stroh und halb auf Spalten, um die Klauen an den harten Untergrund zu gewöhnen.

Wo liegen die Schwerpunkte im Pflanzenbau?

Wir bewirtschaften 120 Hektar Grünland und 80 Hektar Ackerland mit Roggen und Mais im Wechsel. Grünland und Mais stellen die Futterversorgung sicher, den Roggen vermarkten wir. Für den Erhalt der Fruchtbarkeit unserer sandigen Böden bauen wir nach der Roggenernte Zwischenfrüchte an, wie zum Beispiel Ölrettich, Senfmischungen oder Ackergras. Die abgefrorenen Pflanzenteile werden im Frühjahr dann mit Gülle und Festmist untergepflügt.

Wie trägt der Pflanzenbau zur Optimierung der Milchviehhaltung bei?

Das Grundfutter bestehend aus 50 Prozent Grassilage und 50 Prozent Maissilage, das die Kühle mit dem Futtermischwagen vorgelegt bekommen. Da die Futteraufnahme begrenzt ist, trägt die Qualität des Futters maßgeblich zur Optimierung der Leistungsfähigkeit bei.

Welche Eigenschaften verlangen Sie aufgrund dieser Gegebenheiten von einer Maissorte?

Um eine gute Energieversorgung unserer Kühe sicherzustellen, sollte die Sorte einen großen Kolbenanteil aufweisen. Weitere wichtige Kriterien sind Blattgesundheit, Standfestigkeit und ausgeprägtes Stay Green. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit der Sorte RANCADOR gemacht. Die kompakte, kolbenbetonte Sorte ist immer gesund bis zur Ernte und bringt hohe Korn- und Gesamtmasseerträge. Mit RANCADOR sind wir vor fünf Jahren auf eine 210er Sorte umgestiegen, nachdem wir zuvor Sorten mit einer Siloreifezahl von 230 angebaut hatten. Auch das hat sich bewährt, weil wir durch die frühere Abreife dieser Sorte in der Ernte deutlich flexibler sind.

 

Betriebsleiter Arne Rörden schätzt RANCADOR
aufgrund seiner frühen Reife in Kombination
mit hohen Korn- und Gesamtmasseerträgen.

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