Züchter-Portrait in Land & Forst erschienen

Veröffentlicht am 21/05/2024
Von B wie Braugerste bis W wie Weidelgras

RAGT Züchterportrait (LAND & FORST Heft 20/2024)

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SaatzuchtDas Unternehmen RAGT erforscht, produziert und verkauft Saatgut in der ganzen Welt. Das Artenportfolio umfasst dabei mehr als 30 verschiedene Fruchtarten – und ist damit eins der größten in Europa.

Der Saatgutkonzern RAGT bietet Landwirten ein breites Sortiment an Ackerfrüchten. Das Unternehmen züchtet weltweit 32 verschiedene Fruchtarten darunter Mais, Sorghum, Getreide, Ölsaaten, Eiweißpflanzen und Futterpflanzen. „Außer Zuckerrüben, Hybridroggen und Kartoffeln züchten wir eigentlich alles“, betont Andreas Albersmeier. Der gelernte Landwirt und Agraringenieur ist seit zwei Jahren Geschäftsführer der RAGT Saaten Deutschland GmbH.

Gegründet wurde das Saatzuchtunternehmen 1919 als landwirtschaftliche Genossenschaft von Landwirten in Südfrankreich. Durch die Übernahme von Zuchtprogrammen und anderen Züchterhäusern ist RAGT stetig gewachsen. Ursprünglich stammt der Saatgutproduzent aus vier Regionen in Frankreich: Rouergue, Auvergne, Gévaudan und Tarnais. Die Anfangsbuchstaben der Regionen bilden den Namen: RAGT. Mit der Pflanzenzüchtung begann das Unternehmen aber erst 1954 im Bereich der Gräserzüchtung. „Wir züchten eigentlich alles, was man im Rasenbereich und im Futtergräserbereich braucht. Zum Beispiel Deutsches Weidelgras, Welsches Weidelgras, Rohrschwingel und Rotschwingel. Insgesamt haben wir da 22 Zuchtprogramme“, erklärt Albersmeier. „Im Stade de France liegt zum Beispiel RAGT-Rasen.“

In Deutschland hat RAGT allerdings keine eigenen Produktionsstandorte für Gräser, daher wird das Saatgut über Partnerfirmen vertrieben. „Wir investieren in die Züchtung. Für den Vertrieb suchen wir uns Partner“, sagt der Geschäftsführer. „Wir sind im landwirtschaftlichen Bereich unterwegs. Da haben wir Berater, Produktmanager, Vertriebsleiter.“ Der Rasenbereich, zum Beispiel in Baumärkten sei ein ganz anderer Bereich. „Dafür gibt es Profis, denen überlassen wir das Geschäft.“

Selektion vor Ort

Mittlerweile hat RAGT 21 Zuchtstationen weltweit, davon drei in Deutschland: In Saerbeck (Nordrhein-Westfalen) und Ottmaring (Bayern) für Mais sowie in Silstedt (Sachsen-Anhalt) für Weizen. Die Getreide- und Maiszüchter züchten und selektieren jeweils vor Ort: In Saerbeck hauptsächlich den frühreifen Silomais, in Ottmaring stehen die später abreifenden Sorten. „Es ist wichtig in der Region zu selektieren. Daher kommen viele unserer Getreidesorten tatsächlich aus Silstedt“, erzählt Albersmeier. „Die werden hier vor Ort gezüchtet und selektiert.“ Das Gelände liegt im Harz und umfasst etwa 25 Hektar mit fast 25.000 Parzellen.

Weitere Zuchtstationen für Getreide hat das Unternehmen beispielsweise in England, Frankreich und Australien. In Australien hat RAGT Ende vergangenen Jahres das Linien-Weizenzuchtprogramm der BASF übernommen. „Das ist eine sehr gute Ergänzung für uns“ meint Albersmeier. „Der australische Markt ist groß und vor allem auch genetisch interessant für uns.“ Im Jahr 2004 hat RAGT bereits das Getreidezuchtprogramm von Monsanto übernommen.

Zuchtstationen Weizen

Alle Zuchtstationen für Weizen haben einen anderen Schwerpunkt: In England liegt er vor allem auf Hochertragssorten, also eher kürzere Pflanzentypen beziehungsweise Futtertypen. An den französischen Standorten werden in erster Linie frühreife Sorten gezüchtet, am deutschen vor allem Qualitätstypen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist RGT Reform – eine weit verbreitete A-Weizen-Sorte. „Das ist eine sehr runde Sorte mit einem guten Ertrag unter nahezu jeden Bedingungen“ schwärmt Albersmeier. „In den Landessortenversuchen war sie zwar nicht immer die Nummer Eins, aber wenn man ein maximales Paket an Krankheitsresistenz haben will, geht das auf Kosten des Ertrags.“ Eine Sorte, die alles könne, wolle jeder haben, aber so funktioniere Pflanzenzüchtung einfach nicht.

Nach wie vor ist die Pflanzenzüchtung mit sehr viel Handarbeit verbunden. „Und das wird auch so bleiben“, betont Albersmeier. Trotzdem werden die Datenerfassung und die Statistik dahinter immer wichtiger.

Selektieren mit Markern

Genauso die Marker gestützte Selektion. Mit der Marker gestützten Selektion kann der Züchter schon früh schauen, ob das gewünschte Gen in der Sorte vorhanden ist, wie zum Beispiel eine Gelbrost-Resistenz im Weizen. Somit weiß der Züchter, ob er mit der Sorte weiterzüchten sollte. Das beschleunigt den Züchtungsprozess. Früher musste der Züchter warten, bis Gelbrost an der Pflanze auftauchte. Mit der Marker gestützten Selektion weiß er dagegen relativ schnell, ob das Gen in der Pflanze ist. „Der Job vom Züchter ist eigentlich sehr viel wegwerfen, verdeutlicht Florian Rekate, Leiter Vertrieb und Marketing im Bereich Mais und Ölpflanzen. Bei Winterweizen fange der Züchter jedes Jahr mit etwa 800 Kreuzungen an. „Dieses Jahr hatten wir eine Zulassung mit Winterweizen.“

Jedes Jahr müssen die Züchter überlegen, was die neuen Herausforderungen sind. „Kommt beispielsweise Schwarzrost nach Deutschland oder kommt das nicht? Und wenn ja, haben wir dafür Lösungen?“, sagt Rekate. „Da müssen wir jetzt schon anfangen mit züchten.“

Über 1.000 Mitarbeiter

Dafür arbeiten im Züchtungsbereich rund 400 Mitarbeiter weltweit. Insgesamt hat das Unternehmen rund 1.000 Mitarbeiter, die im Saatgutbereich unterwegs sind. Darunter 68 Festangestellte plus 50 bis 60 Saisonarbeitskräfte in Deutschland. Die Pflanzenzüchter von RAGT widmen sich auch der Züchtung von Nischenkulturen wie Sorghum.

Nischenkultur Sorghum

Sorghum ist in Deutschland noch eine kleine Kultur, aber ein wichtiger Markt für RAGT. Das Saatzuchtunternehmen profitiert aber vor allem von dem großen Markt in Südeuropa. „Deswegen haben wir eine eigene Sorghum-Züchtung“, erklärt Albersmeier. Durch die zunehmenden Trockenheitsperioden gerade im Frühsommer brauchen Landwirte Pflanzenarten, die mit den veränderten Klimabedingungen zurechtkommen. Gerade in intensiven Maisfruchtfolgen kann Sorghum eine Alternative oder Ergänzung sein. Grundsätzlich werden drei verschiedene Nutzungsrichtungen unterschieden: der Massetyp, der reine Körnertyp sowie der qualitätsbetonte Silotyp für Biogas und die Fütterung.

„Wir wissen, dass wir im Ertrag nicht mit Mais mithalten können“, merkt Rekate an. „Es gibt im Internet auch immer wieder Werbeanzeigen, wo gesagt wird, Sorghum kommt mit der Hälfte an Wasser aus wie Mais. Aber das stimmt so nicht.“ Der Wasserbedarf von Sorghum sei ähnlich wie bei Mais. Aber Sorghum habe einen Vorteil gegenüber Mais: „Mais spult, je nach Wärmesumme, sein genetisches Programm ab. Ist die richtige Wärmesummer da, beginnt er mit der Kolbenanlage. Ist aber kein Wasser da, wird der Kolben nicht ausgebildet.“ Das sei der Vorteil bei Sorghum, weil es da zu den Gräsern zähle. Mais dagegen gehe ohne Wasser in eine Art Trockenstarre und wachse nicht weiter.

RAGT bietet auch Maismischungen mit Sorghum, Stangenbohne oder Sonnenblume an. Wichtig bei einem Mais-Stangenbohnengemisch ist, dass der Mais eine gute Standfestigkeit hat, weil sich die Bohnen an den Maispflanzen hochranken. Ist der Mais weniger standfest, kann das zum Umknicken der Bestände führen und das erschwert die Ernte. „Doch das ist Teil unserer Beratung“, ergänzt Albersmeier. Dafür arbeiten 22 Mitarbeiter im Außendienst von RAGT. Zudem bietet das Unternehmen eigene Feldtage an, wo sich Landwirte verschiedene Gemenge und das gesamte Portfolio an Fruchtarten und Sorten direkt vor Ort ansehen können.

Duo-Sorten im Mais

Im Mais setzt der Saatgutkonzern neben klassischen Sorten auch auf Duo-Sorten. Darunter wird die kombinierte Anwendung von resistenten Sorten und dem Pflanzenschutzmittel Focus Ultra verstanden. So kann der Landwirt beispielsweise Schadhirsen im Mais noch im Nachauflauf bekämpfen. „Bei der Resistenz handelt es sich um eine natürliche Mutation, hat also nichts mit Gentechnik zu tun“, erläutert Rekate. Auch wenn es wirklich eine richtig klassische Resistenz gegenüber einem Pflanzenschutzmittel ist.“ Das sei interessant für den Landwirt, da immer weniger Pflanzenschutzmittel zugelassen werden, beziehungsweise immer mehr Mittel vom Markt verschwinden. Daher sind besonders die Züchter gefordert, neue Resistenzen zu finden.

Zur konventionellen Gentechnik hat das Unternehmen eine klare Haltung: „Wir sind ganz klar gegen die konventionelle Gentechnik“, betont Albersmeier. Denn es gehe darum andere Eigenschaften in die Pflanzen reinzubringen, wie beispielsweise die Roundup-Ready-Resistenz. Zudem fiele das Züchterprivileg mit der Zeit weg und es käme zur Patentierung, was die Züchtung sehr erschwere. Für die neuen Züchtungsmethoden wie CRISPR/CAS zeigt sich RAGT allerdings offen. „Das ist momentan in Europa nicht erlaubt, aber wenn es zugelassen wird, glauben wir schon, dass es einen Mehrwert für den Landwirt darstellen kann“, sagt Albersmeier. „Dafür sind wir auf jeden Fall offen.“

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